Fast einsam steht das kleine Hüttl wie ein Kinderhaus mitten im Obstgarten, unten gemauert und oben mit Holzaufbau. Es ist nahe am Wohnhaus platziert, aber doch so weit weg, um keine Gefahr fürs Gebäude zu sein. Wenn man genauer hinsieht, bemerkt man eine kleine Rauchsäule aus der Rückseite aufsteigen: Offensichtlich wird es beheizt, und Funkenflug könnte einen Brand auslösen. Einen Rauchfang sucht man vergebens, das hätte früher eine (Steuer-)Abgabe verursacht, die man mit einem kleinen Trick umging: Man ließ den Rauch links und rechts der Feuerstelle durch zwei Rauchzüge entweichen und das ist bis heut’ so geblieben.
Loderndes Feuer über mehrere Tage
Doch wozu dient dieses schon etwas in die Jahre gekommene Hüttl? Es sieht aus wie ein Backhaus oder eine Selche, aber es handelt sich um ein traditionelles Dörrhüttl, das früher auf keinem Bauernhof fehlen durfte. Dörrhütten waren einst lebensnotwendig, um auch im Winter wichtige Vitamine und Grundnahrungsmittel vorrätig zu haben und um Obst lange haltbar zu machen. Heute findet man die früher in unseren Obstgärten so verbreiteten Hütten kaum noch. Nur wenige haben überdauert und selbst diese werden fast nie genutzt, um herrliches Dörrobst zu produzieren. Zu mühsam ist es, das Feuer tagelang regelmäßig am Brennen zu halten, um über mehrere Tage eine konstante Temperatur von etwa 50 bis 70 °C im Trockenraum zu gewährleisten. Da muss man auch nächtens aufstehen, um nachzulegen. Und das muss gelernt sein: Kein großes Feuer, sondern ein leicht loderndes soll es sein, das durch Verbrennen großer Holzblöcke erreicht wird. Es garantiert eine gleichmäßige Wärme, um die Äpfel, Birnen, Zwetschken oder Beeren optimal zu trocknen, ohne dass dabei die gesunden Inhaltsstoffe verloren gehen.
Traditionelle Kletz'n
Am bekanntesten sind die sogenannten Kletz’n, getrocknete Birnen. Sie waren früher im Winter Energiespender bei der schwerer Feld- und Waldarbeit oder „g’sunde Jaus’n“ beim beschwerlichen Schulweg. Vor allem waren Kletz’n in der Küche ein wichtiger Zuckerersatz, da Zucker kaum verfügbar oder leistbar war. Die säurearmen, sehr zuckerreichen Birnen eigneten sich neben Äpfeln und Zwetschken besonders gut zum Dörren.
So wird gedörrt
Im indirekt beheizten Dörrraum wird das Obst auf Dörrbretter in möglichst gleichmäßig großen Stücken eng nebeneinander aufgelegt, mit der Schnittstelle nach oben. Die Früchte sollen einander nicht berühren. Immer wieder gilt es, das Obst zu wenden und die Bretter umzuschichten. Je nach Obstsorte, Größe, Luftfeuchtigkeit und Hitze kann das Dörren durchaus ein paar Tage dauern. Das Dörrobst ist fertig, wenn es sich zäh und ledern anfühlt. Unter 15 % Restfeuchte wird Bakterien und Schimmelpilzen die Lebensgrundlage entzogen und die Früchte sind besonders gut haltbar. Während man früher die Trockenfrüchte in Dörrkästen im luftigen, dunklen Dachboden aufbewahrte, wird heute die Lagerung in verschraubbaren Gläsern oder dichten Plastikdosen empfohlen. Das Trockenobst nimmt sonst wieder die Umgebungsfeuchtigkeit auf oder wird von Dörrobstmotten befallen. Aufgrund der technischen Möglichkeiten und des geringeren Bedarfs an Dörrobst werden heute die benötigten Haushaltsmengen mit praktischen elektrischen Dörrapparaten getrocknet. Diese sind bereits um wenig Geld erhältlich. Der Energieverbrauch ist überschaubar, und im Vergleich zu alternativen Aufbewahrungsarten von Obst und Gemüse wie Einfrieren ist Dörren viel effektiver.
Noch mehr Infos über das Trocknen und Dörren können Sie in der aktuellen Siedlerzeitung nachlesen.
Autoren/Quellen:
Klaus Strasser, Gartenfachberater und Betreiber des Obst-Sorten-Garten Ohlsdorf OSOGO
Rudolf Aumüller, Dörrhütten-Experte Mehr Informationen unter: www.doerren-in-goisern.at oder unter Tel. 0676/642 91 90
Foto: OSOGO, Klaus Strasser