Österreichs Obstgenbanken

Obstsorten, Genbanken, Obstgenbank

 


Üppig blühende Streuobstbäume, Körbe voller Früchte oder ein Glas Qualitätsmost, direkt vom Fass gezapft, begeistern wohl jeden von uns! Um das zu bewahren, müssen unsere regionalen Obstsorten erhalten werden.

Auch wenn alte Streuobstwiesen oft nicht mehr wie früher die vorrangige Aufgabe der Versorgung mit nahrhaften Getränken haben, so sind sie für den Tourismus und in der traditionellen Küche unverzichtbar. Und es gibt noch wichtigere Gründe, sich für den Erhalt regionaler Sorten einzusetzen. In Zeiten der globalen Klimaerwärmung wird es für die Natur schwieriger, sich den rasanten Veränderungen von Temperatur und Niederschlägen sowie diversen Wetterkapriolen anzupassen. Vielfalt, oder modern gesagt „Diversität“, war schon immer der Schlüssel zu Weiterentwicklung, Anpassung und Fortbestand in der Evolution. Unsere heimischen Obstsorten haben diese Anpassungen in den vergangenen Jahrhunderten mühelos geschafft. In rauen, kalten Bergregionen etablierten sich schnellfruchtende Obstbäume, in niederschlagsarmen Gebieten tiefwurzelnde Birnbäume. Dank der ständigen Vermischung des Erbmaterials entstanden tausende unterschiedliche Sorten, jeweils mit speziellen Fähigkeiten, sich den Veränderungen anzupassen. Moderne Züchtungen hingegen haben andere Prioritäten: Nicht die Anpassung steht im Fokus, sondern der Profit. Probleme mit Schädlingen und Krankheiten werden oft mit Chemie oder großem Ressourceneinsatz kompensiert. 

Vielfalt muss erhalten werden!

Eine möglichst große Vielfalt wird künftig enorm wichtig sein, um widerstandsfähige Obstsorten zu finden, die den neuen Herausforderungen gewachsen sind. Diese resistenten Sorten existieren wahrscheinlich bereits und befinden sich unter den unzähligen zufällig entstandenen Streuobstbäumen, die in der österreichischen Kulturlandschaft zu finden sind. Um den Schutz und den Erhalt unserer Biodiversität, vor allem der nationalen eigenständigen Sortenvielfalt, bemühen sich nur einige wenige Institutionen in Österreich.

Östereichische Genbanken

Als offizielle österreichische Stelle ist die Höhere Bundesanstalt für Wein und Obstbau in Klosterneuburg für den Erhalt der Obstsortenvielfalt zuständig. Sie liegt mitten im größten Weinbaugebiet und hat ihre Prioritäten daher auf den wirtschaftlich stärkeren Wein gesetzt. Die Obstsortenerhaltung wird nicht in gleichem Maß forciert. Vermehrungsmaterial, das für die Erhaltung der Sorten essenziell ist, wird hier nicht an Private abgeben, was leider bei fast allen öffentlichen Sammlungen der Fall ist. Ähnliche Genbanken findet man im Landwirtschaftlichen Versuchszentrum Wien und in der Obstversuchsanlage der Landwirtschaftskammer Kärnten. Auch hier besteht keine Möglichkeit, Edelreiser zu beziehen. 

Rettung des oberösterreichischen Sortenschatzes

Eine größere Sammlung mit vor allem oberösterreichischen Lokalsorten ist die Obstgenbank Ritzlhof. Sie wurde 1990 vom Bundesamt für Agrarbiologie unter der Leitung von Dr. Siegfried Bernkopf, Österreichs bekanntestem Pomologen mit internationalem Ruf, aufgebaut. Die Anlage umfasst auf rund 2,8 Hektar derzeit 244 Hochstammbäume und beherbergt auch viele regional wichtige Mostobstsorten wie OÖ Weinbirne, Lehoferbirn, Naglwitzbirne, Rote Pichlbirne, Mostzigeuner, Plankenapfel (=Schmidberger Renette) und Florianer Rosmarin. Seit Bestehen hat die zuständige Verwaltung oftmals gewechselt. Der Zustand der Anlage litt stark unter dem mangelnden Erhaltungs-Interesse und dem daraus resultierenden geringen Pflegebudget. 2021 konnte auf Initiative von Dr. Bernkopf und mir die Leitung an die OÖ Landwirtschaftskammer übertragen und mit einem projektierten Pflegebudget ausgestattet werden, das den Erhalt und die Sanierung dieser wichtigen Sortensammlung für die nähere Zukunft gewährleisten soll. 

Private Vereine

Neben den offiziellen nationalen Sortensammlungen sind es aber vor allem Vereine und engagierte Privatpersonen, die sich darum bemühen, die Obst-Vielfalt in unserer Heimat zu erhalten. Als bekannteste Organisation sei hier der Verein Arche Noah genannt, der nicht nur altes Obst, sondern auch alte Gemüsesorten mit viel Aufwand vor dem Verschwinden rettet. Als mitgliedsstarker Verein mit internationaler Anerkennung ist er ein wichtiger Initiator in der Erhaltung und Weitergabe der österreichischen Sortenvielfalt. Ich selbst betreibe gemeinsam mit meiner Frau den in Europa sortenreichsten Obst-Sorten-Garten Ohlsdorf (OSOGO). Hier versuchen wir mit derzeit über 3.000 verschiedenen Obst- und Beerensorten den Zugang zur Sortenvielfalt so einfach wie möglich zu machen. Neben dem Angebot für Besucherinnen und Besucher, alle vorhandenen Sorten zu verkosten, werden lizenzfreie Edelreiser an Privatpersonen kostenlos abgegeben. In vielen Institutionen, aber noch mehr durch ambitionierte Vereine und Privatpersonen, wird versucht, die „guten alten Sorten“ für unsere Nachkommen zu erhalten. Jeder von uns kann dazu aktiv beitragen, einen Baum pflanzen, oder zwei, oder drei …! 
 

Klaus Strasser, Gartenfachberater und Betreiber des Obst-Sorten-Garten Ohlsdorf OSOGO

 


zurück
 
nach oben